Schlaflose Nächte(Tatort Münster)
Titel: Schlaflose Nächte
Autor: Movie Star
Fandom: Tatort (Münster), P-12 Slash
Genre: Krimi (Prosa)
Link: http://www.fanfiktion.de/s/4cc4422e0000baae0651d0d8
Kurzbeschreibung: In Münster wird die Medizinstudentin Verena Falkenstein ermordet aufgefunden, das Herz wurde fachmännisch entfernt. Hauptkommissar Thiel und Rechtsmediziner Boerne stoßen im Laufe der Ermittlungen auf eine Spur, die weit in die Vergangenheit führt. Doch nicht nur der Fall macht Thiel zu schaffen, auch seine neu entdeckten Gefühle für Boerne belasten ihn. Wie steht er zu seinem Vermieter und Nachbarn und wie wird sich seine Beziehung zu ihm entwickeln?
Sprache
Was das rein Orthografische angeht, so ist diese Geschichte weitestgehend tadellos. Und wenn ich sage ‚weitestgehend‘, dann meine ich seltene Aussetzer wie CAPS LOCK mit 3 Ausrufezeichen dahinter, was kein guter Stil ist. Darüber hinaus schwankt die Geschichte sprachlich oft zwischen einem seltsam komödiantischen Ton, der an eine Parodie erinnert, und Passagen, die eine vielmehr ernste und damit wesentlich besser zur Thematik passende Tonart anschlagen.
Angesichts der Vorlage, einer TV-Serie, könnte man das mit Bezug auf das allgemeine Niveau von Fernsehproduktionen allerdings als passend durchgehen lassen. Und wenn man das durchschnittliche sprachliche Niveau aller Fanfics betrachtet- einige Kilometer unter der Erdkruste- dann ist sie sogar deutlich überdurchschnittlich in diesem Bereich. Mich persönlich erinnert die Mischung, besonders die Dialoge, oft an jene gängiger Romantik-Komödien, jenem Genre, das in der Kreativ-Hölle nur einen Höllenkreis oberhalb der Filme von Michael Bay zu finden ist.
Inhalt/Handlung
Der Inhalt folgt ganz der klassischen Struktur von Krimis im Allgemeinen und TV-Krimis im Speziellen. Wer also diese Genres kennt und mag, wird alle beliebten Plot-Elemente in all ihrer Vorhersehbarkeit finden. Es geht um den Mordfall an einer jungen Studentin, der sich mit fortschreitender Entwicklung immer mehr verkompliziert und schließlich sogar auf die dunkle Vergangenheit ihrer adeligen Familie hinweist(als ob adelige Familien in Krimis jemals keine dunkle Vergangenheit gehabt hätten…). Soweit ist die Geschichte also solid strukturiert, wenngleich dieses Genre klarerweise wenig kreative Freiheit lässt. Wo sich die Autorin sehr wohl kreative Freiheit lässt, ist der Slash-thematisierte Subplot, die eine Romanze zwischen den beiden Ermittlern anbahnt. Sogar die meisten Nebencharaktere machen Anspielung auf die Verschwulung, inklusive der Sekretärin und des Vaters(!)einer der Hauptfiguren.
Alle wissen es so gut wie die Autorin, und niemand scheint ein Problem damit zu haben. Ganz anders als in der realen Welt, in welcher kein so allgemein lockerer Umgang mit diesem Thema herrscht- jener realen Welt, in der die Geschichte aber verankert ist(wenn auch nur über eine Fernsehserie). Somit wirkt dieser Unterton, der alles andere als subtil ist, sehr irritierend auf alle Leser, die nicht extra deshalb hier reinschauen. Und das ist durchaus bedauerlich, da die Geschichte mit kompetenter Prosa glänzt, solange die absurde ‚Romanze‘ mal zur Abwechslung im Hintergrund bleibt. Was nicht sehr oft ist, wie ich feststellen musste.
Charaktere
Wir haben zwei Hauptfiguren hier, den Gerichtsmediziner Professor Boerne und den Ermittler Kommissar Thiele. Gleich voran, ich kenne die Serie ‚Tatort‘ nur vom Hörensagen, und kann somit wenig über ‚In Character‘ oder ‚Out of Character‘ sagen- was ich aber mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit annehme, ist, dass kein Tatortkommissar jemals an seinem Schreibtisch saß und erotische Fantasien über seinen männlichen Kollegen hatte. Damit ist eigentlich alles gesagt; die lachhafte Prämisse, dass die beiden Tatortermittler für einander in Leidenschaft entbrennen, überschattet den Krimi auf sehr unsubtile und geradezu nervtötende Weise. Würde dies nur am Rande ablaufen, so könnte man es als- wenn auch bizarres- Nebendetail ansehen. So aber drängt es sich ständig in den Vordergrund.
Wobei sich doch noch einiges über die Charaktere sagen lässt: Dass nämlich Boerne als eingebildeter Fatzke beschrieben wird, und die Autorin auch nur selten Gelegenheiten verpasst, das zu untermauern. Grundsätzlich ist das natürlich legitim und entspricht wohl der Vorlage, wie ich vermute. Geschieht das aber in einem Ausmaß wie hier, spricht man von ‚Flanderization‘. Darüber hinaus begeht er selbst Ungesetzlichkeiten, und das in Gegenwart des Kommissars: An einer Stelle lässt er seinen Hund ohne Beißkorb oder Aufsicht auf fremdem Privatbesitz umherlaufen. Doch nachdem dies den Plot voranbringt, kann man es wohl mit Krimi-Logik entschuldigen, wenn schon mit sonst keiner.
Der Kommissar hingegen lebt, wie alle Kommissare, allein, hat wie alle Kommissare einen Bauch, hat wie alle Kommissare nur seinen Beruf im Kopf(und hier zusätzlich erotische Gedanken über seinen Kollegen…), ernährt sich hauptsächlich von Fastfood und ist somit das ultimative Kommissaren-Klischee. Es fehlt nur noch die Inspektor-Columbo-Abbildung zur besseren Anschaulichkeit. Soweit ist das nicht unbedingt eine glanzvolle Charakterisierung; innerhalb der Genre-Konventionen ist es aber passend und ausreichend, wie ich zugebe.
Sonstiges
Aus irgendeinem Grund hat die Geschichte Tuberkulose(TBC eben). Ich wusste nicht, dass diese Krankheit von Menschen auf Texte übertragbar ist. Zumindest ist das die erste Erklärung für das Kürzel ‚TBC‘, die das allwissende Internet mir liefert- und wer sieht schon die weiteren Suchergebnisse an? Ich wollte, außer platten Scherzen, aber noch etwas anderes in diesem Abschnitt unterbringen… und zwar die Frage, ob die Grundidee nun originell ist oder eher nicht.
Die beiden Komponenten- Slash und Krimi- sind für sich genommen die wohl meistverbreitetesten Schriftstücke, was Internet(Ersteres)und Buchhandel(Zweiteres)angeht. Was die Beliebtheit angeht, könnte man es, um mit einem kulinarischen Vergleich aufzuwarten, mit Erdbeereis und Fritten vergleichen. Ob die Mischung nun bekömmlich ist, lasse ich dahingestellt. Davon abgesehen, bringt die Kurzbeschreibung den(bislang)existierenden Inhalt recht gut auf den Punkt, auch die Textstrukturierung ist gefällig und gut lesbar.
Persönliche Meinung
Natürlich steht diese Geschichte, was meinen persönlichen Eindruck angeht, von Anfang an unter einem finsteren Stern. Der folgende, relativ früh vorkommende Satz „Verdammt, er war schließlich nicht schwul“ allein genügt bereits, um auf meiner persönlichen Skala unter den Nullpunkt abzusacken. Er kommt mir nämlich bekannt vor: Der Satz ist mir bereits untergekommen… und zwar in nahezu allen Fanfics, die jemals verfasst wurden. Womöglich fällt es weiblichen Autoren einfacher, sich in männliche Protagonisten hineinzuversetzen, indem sie ihnen die gleiche sexuelle Ausrichtung andichten, die ihnen selber zu Eigen ist.
Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema ‚Homosexualität‘ ist dabei aber noch nie herausgekommen- vielmehr die Gelegenheit für sogenannte ‚Fangirls‘, sich anhand der plötzlichen Tuntigkeit ihrer ‚Helden‘ kaputt zu kichern. Dafür ist diese Geschichte auf jeden Fall gut. Ich würde aber der Autorin empfehlen, sich einmal an einem Krimi zu versuchen, der keine an den rosaroten Haaren herbeigezogene Romanze zwischen zwei gänzlich unschwulen Hauptdarstellern beinhaltet. Über das Talent dazu verfügt sie nämlich, darüber habe ich keine Zweifel.
Überarbeitungsvorschläge
Was das Genre bzw. die beiden Genres angeht, der die Geschichte gewidmet ist, gibt es eigentlich kaum etwas zu verbessern. Für Krimifans gibt es die übliche Prozedere um Ermittlung, Spurensuche, zwielichtige Verdächtige und allerlei Verwicklungen. Und für Slash-fans gibt es die übliche Prozedere um erwachsene Männer, die sich plötzlich wie verliebte Mädchen benehmen und vielmehr in einen ‚Käfig voller Narren‘ passen würden als in das Polizei-Milieu. Und beides ist durchaus kompetent umgesetzt- insofern man bei einem ‚Genre‘ wie dem Zweiteren überhaupt von ‚Kompetenz‘ sprechen kann. Auch wenn mich persönlich das nicht anspricht, so kann ich das durchaus anerkennen.
Fazit: ‘Warme’ Ermittler folgen einer ‘heißen’ Spur- to be continued.
Liebe Grüße,
Rahir