Tanz mit der Einsamkeit(BisS)

Veröffentlicht auf von Rahir

Titel: Tanz mit der Einsamkeit
Autor: LadyPandora

Prosa oder Poesie: Prosa
Fanhintergrund/Original: Bis(s)-Serie von Stephenie Meyer
Genre: Drama
Link zum Text:
http://www.fanfiktion.de/s/4ce45f58000157e406705dc0
Kurzbeschreibung des Inhalts: Hier möchte ich zwei Geschichten erzählen. Die einer unglücklichen Liebe und die eines unglücklichen Lebens. Sophie lebt zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Italien, innerlich einsam und mittellos muss sie sich als Prostituierte verkaufen. Als sie vor ihrem Zuhälter Demetri flieht, trifft sie auf einen jungen mysteriösen Mann, der im Herzen genauso einsam ist wie sie. Sein Name ist Felix. Gemeinsam lernen sie eine wundervolle Liebe kennen, doch das Schicksal stellt sich gegen sie. Von Kriegern der Volturi verfolgt, beginnen sie ein Rennen gegen die Zeit.

 

Anmerkung: Ich habe die ersten 100 Seiten dieser Geschichte gelesen und den Rest überflogen.

 

Sprache

An der Oberfläche der sprachlichen Seite habe ich den einen oder anderen kleinen Vertipper gefunden; etwas, das sich bei langen Geschichten kaum vermeiden lässt. Der Text wurde offensichtlich beta-gelesen, da nur wenige Fehler dem prüfenden Auge entgangen sind. Stattdessen möchte ich lieber über die größte Stärke dieser Geschichte sprechen, nämlich den Stil.

 

Dieser ist nämlich hervorragend. Ob es darum geht, mit wenigen Worten Stimmung zu schaffen, die Umgebung zu beschreiben oder Gefühlswandlungen anschaulich zu machen(besonders die angespannte Blutgier des Felix ist sehr eindrücklich beschrieben): Die Autorin findet so gut wie immer die richtigen Worte, knapp und prägnant. Dabei ist es so, dass zwar besonders die Umgebungsbeschreibungen sparsam mit bildlichen Details umgehen, deshalb aber nicht weniger wirkungsvoll sind. Sprachliches Talent zeigt sich eben im Weglassen, und nicht so sehr im Überladen.


Inhalt/Handlung

Die Handlung, soweit ich die Geschichte gelesen habe, konzentriert sich auf die Romanze zwischen Sophie und Felix, und das entsprechend der vorlagengemäßen Oberflächlichkeit, die bereits Bella und Edward zusammengeführt hat. Sie ist von seiner Erscheinung angetan(wie die Autorin nicht müde wird, zu betonen), und er von dem Geruch ihres Blutes. Darüber können auch die Diskussionen über philosophisch-religiöse Themen, die sie wiederholt führen, schwerlich hinwegtäuschen.

 

Davon abgesehen gibt es hier keinen Plot oder zentralen Konflikt; besser gesagt keinen, der sich auf den ersten 100 Seiten abzeichnet. Und wenn sich innerhalb dieser Seitenmenge(Normseiten, googelt einfach)kein Handlungsfaden findet, dann kommt er danach für meine Begriffe schlicht zu spät. S. Meyer mag den Trend begründet haben, Romane ohne jede Handlung zu verfassen; sich daran zu orientieren, kann ich aber kaum empfehlen.

 

Damit sage ich nicht, dass eine lange Geschichte oder ein Roman ohne flotten Plot nicht funktionieren kann. Dafür gibt es genug Beispiele aus der Literatur. Wenn man sich aber schon dieser Methode bedient, sollte man mit mehr aufwarten können als nur mit einer jugendlich aufmüpfigen, dann aber wieder unterwürfigen Heroine, welche ihrem düsteren, blassen, geölten Schwarm entgegenfiebert. Ansonsten kopiert man nur etwas, das von Haus aus nicht besonders gut war.


Charaktere

Der Hauptcharakter des Werkes ist eine junge Frau namens Sophie, die sich, wie schon die Kurzbeschreibung sagt, ihren Unterhalt, den ihrer herzschwachen Mutter sowie den ihrer Schwester mit Prostitution verdienen muss. Die Autorin hat sich Mühe gegeben, ihr eine Ambivalenz zwischen strenger Gläubigkeit und sündhafter Berufstätigkeit im Freudenhaus zu verleihen. Inwieweit das gelingt, muss wohl jeder Leser für sich selbst entscheiden.

 

Von dem Grundszenario abgesehen, von dem ich vermute, dass es in erster Linie existiert, um der Geschichte mehr Drama einzuflößen, bemüht sich die Autorin ebenso, Sophie eine gewisse Tiefe zu verleihen. Das tut sie, indem sie religiöse sowie philosophische Überlegungen in die Gedankenwelt der Sophie einbaut, welche unter anderem den Widerspruch zwischen Gut und Böse, zwischen Gott, der es zulässt, und Dingen wie Dämonen und Teufel behandeln.

 

Nachdem die Geschichte trotz ihres historischen Rahmens eine BisS-Fanfiction ist, gibt es natürlich einen düsteren, eleganten, blutlüsternen und auf bizarre Weise charmanten love-interest für die Protagonistin. Dieser hört auf den überaus mediterran-italienisch klingenden Namen Felix(was zeigt, dass man sich bei der Namensgebung seiner Helden nicht unbedingt von Katzenfutterdosen inspirieren lassen sollte).

 

Um der Vorlage gerecht zu werden, spart die Autorin nicht mit Superlativen, sein Äußeres betreffend. Die Adjektive ‚schön‘, ‚erhaben‘ und ‚hünenhaft‘ dominieren von da an alle Formulierungen, die mit Felix zusammenhängen, und werden endlos wiederholt. Darüber hinaus philosophiert er gern über Gott, die Welt und geschichtliche Ereignisse. Ob ihm das mehr Charaktertiefe als Edward Cullen verleiht, nach welchem er offensichtlich modelliert ist, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden. Seine Gier nach dem Blut hübscher Frauen wird sehr überzeugend dargestellt, das muss ich der Autorin lassen. Und nachdem es hier um das BisS-Universum geht, muss das als Haupteigenschaft wohl genügen.

 

Weitere Nebenfiguren gibt es natürlich auch, und diese sind, wie so oft in Geschichten dieser Art, wesentlich interessanter als das im Rampenlicht stehende Pärchen. Da wäre zum Beispiel der Zuhälter Demetri, für den sich Sophie verdingt. Er hat eine interessante Vielschichtigkeit an sich, die zwischen brutalem Zuhälter und fürsorglicher Vatergestalt  schwankt. In der Tat hat er bei seinen wenigen Auftritten mehr Menschlichkeit an sich als beispielsweise die Hauptfigur Felix.


Sonstiges

Nachdem diese Fanfic einen historischen Rahmen hat, komme ich nicht umhin, über folgende Nichtigkeiten zu nörgeln: „In Italien war das Christentum sehr verbreitet“ zu sagen, ist, als würde man behaupten, dass das Meer „ziemlich nass“ ist. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass es zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Begriff „Makeup“ noch nicht gegeben hat. Eine dem Zeitalter angepasste Ausdrucksweise ist nötig, um den Leser nicht wie mit einem Katapult aus der Geschichte zu schleudern.

 

Dann gibt es freudsche Vertipper, wie beispielsweise: Er hatte sich ihr weiterhin genährt, stand nun in ihrer unmittelbaren Nähe…“ Die Mehrzahl der Leserinnen dieser Geschichte wird solche Kleinigkeiten angesichts der Verheißung „schöner Männer“ kaum registrieren, wie mir bewusst ist, aber nicht jeder Leser ist so begeisterungsfähig.


Persönliche Meinung

Ironischerweise steht zu Beginn der vorletzten Seite des Textes die Dialogzeile „Kommen Sie auf den Punkt.“ Genau das hätte ich mir persönlich von dieser Geschichte generell schon wesentlich früher gewünscht. Nichtsdestotrotz lautet der Tenor auf den letzten Seiten der Geschichte, soweit sie mir vorliegt: „Vampire??“ Etwas so umständlich zu etablieren, das die Fans längst in und auswendig kennen, verwundert mich.

 

Darüber hinaus hatte diese Geschichte- mit Ausnahme des sehr guten Stils- nichts an sich, das mich als Nicht-Fan zum Weiterlesen animieren hätte können. Schier endloses Schwärmen, wie „schön“ Felix ist, scheint eine zwar äußerst monotone, aber wirkungsvolle Weise zu sein, BisS-Fans bei der Stange zu halten.


Überarbeitungsvorschläge

 

Die Autorin ist sich nicht ganz bewusst, was Begriffe wie ‚Erzählstimme‘ oder ‚vierte Wand‘ bedeuten. Ansonsten würde sie ihre Hauptfigur nicht Dinge wie „…was zu diesem Zeitalter nicht selbstverständlich war…“ sagen lassen, als ob sich die Protagonistin bewusst wäre, a’ la Truman-Show in einer historisch angesiedelten Fanfic zu existieren.

 

Ich würde auch empfehlen, was die düsteren Lebensumstände der Hauptfigur betrifft, etwas weniger auf die Tränendrüse zu drücken. Stattdessen kann man ruhig auf die Vorstellungskraft des Lesers vertrauen, der sich auch angesichts eher sachlicher Schilderungen von Armut und Not ausmalen kann, wie sehr sie leidet(oder dann sogar noch besser). Es genügt manchmal, traurige Umstände für sich selbst sprechen zu lassen.

 

Fazit: Eine handwerklich kompetente Mixtur aus historischem ‚Die ????in‘-Roman und ‚BisS‘.

 

Liebe Grüße,

Rahir

Veröffentlicht in Fanfiction_Bis(s)

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post